Gitarrenverstärker mit klassischer EL84 - Endstufe

Ein Projekt aus dem Jahr 1985: Zusammen mit meinem Nachbarn im Studentenwohnheim Axel die Karnevalstage sinnvoll nutzen und einen wunderbaren Gitarrenamp bauen. Ich habe ja nix gegen den Rheinischen Karneval, aber ich finde, es gibt eine klare hedonistische Lustskala.

Apropos Lust und Skala bzw. Skalierung: Wie kommt man eigentlich zu vernünftigen R und C - Daten für die Beschaltung unserer zylindrischen Lustobjekte aus Metall und Glas? Typische Werte liefern natürlich die Datenblätter, Kennlinien und Laborbücher. Aber bitte nicht das Rad neu erfinden: Ganz pragmatisch Abkupfern löst 90 % aller Beschaltungsfragen und wir sind ja Experimentatoren und wollen es nach endlicher Arbeitszeit mindestens brummen oder rauschen hören, oder? Andererseits ist es ein Glücksfall, wenn wir mal ein Problem finden, daß noch nicht gelöst ist, wo also mal unser eigener Grips gefragt ist. Vielleicht auch eine Chance, mit einer Lösung mal Gehör zu finden?
Ich denke, in unser überregulierten, evaluierten, qualitätsgesicherten, durchorganisierten und per gender mainstreaming durchfeminisierten Post-Industrie-Verwaltungswelt haben wir bastelnden und produzierenden Männer in unseren Hobby unser Reservat gefunden, wo Neugierde, Schaffensdrang, Pioniergeist, Fleiß, Perfektionsdrang (mehr oder weniger, je nach Temperament), auch Eitelkeit, also Selbstwirksamkeit, noch ihre Bedeutung und Wertschätzung finden.

Ich schweife ab, die Schaltung, die ich für den Amp, der für Auftritte in kleinerem Kreis ausreichen sollte, entwarf, ist nichts anderes, als eine Kombination der Schaltung des vorab gebauten EL95-Amps mit dem Datenblatt für die EL84, aus dem die R(k), R(a), R(g), sowie erlaubte Spannungen und Ströme hervorgehen. Auch hatte ich wohl Endstufen von Röhrenradios studiert, irgendwo noch den Kuhschwanz-Klangregler abgekupfert und die Schaltung wie folgt dokumentiert:

Gitarrenverstärker mit 1xEL84
Also nichts Besonderes. Aber die Justiererei mittels Trimmer am Gitter der Endstufenröhre schien, wie bei dem EL95-Verstärker eine Erfordernis zu sein, deren Gründe ich heute nicht mehr rekonstruieren kann. Ich habe den Verstärker nicht mehr, kann es also nicht nachprüfen. Ich weiß nur, daß er mit der dazu gebauten Box, die einen 40 W - Tieföner enthielt, gut und satt klang. In die Tieftonbox hatte ich später einen per Frequenzweiche abgetrennten zusätzlichen Hochtöner eingebaut. Der Verstärker konnte - ohne Gegenkopplung auch gut und gerne als "normaler" Verstärker für Mikro (Gesang) oder sogar für Magnetsystem-Plattenspieler verwendet werden. Ich hatte es ausprobiert - es klang gut. Das sehr solide gelbe Gehäuse beinhaltete vormals ein Steuergerät für Elektrophorese, das ich auf dem Sperrmüll gefunden hatte. Die klarlackierte Holzplatte für die Frontplatte hatte ich nachträglich dazu angefertigt. Heute würde ich es natürlich optisch anders gestalten, aber damals fand ich Metallgehäuse inclusive dieser grünen Betriebskontrolleuchte irgendwie "profilike". Doppelpoliger Netzschalter und Lautstärkepoti sind kombiniert, leider findet man diese Schaltpotis heutzutage nicht mehr in dieser soliden Ausführung. Ich hatte einen 470 µF - Kondensator zur Grobglättung eingesetzt und mit sog. Kaltmetall an die Rückwand geklebt. Diese gegenüber üblichen Ladeelkos 10-fache Kapazität bringt jedoch kaum hörbare Verbesserung beim Brummen, allerdings schon bei der Dynamik. Die Bässe kommen reichlich knackig!
 
EL84-Verstärker vorne
EL84-Verstärker, geöffnet von vorne
EL84-Verstärker, geöffnet, von oben
EL84-Verstärker, geöffnet, von oben, Details
EL84-Verstärker, geöffnet, von links
EL84-Verstärker, geöffnet, von rechts
EL84-Verstärker, Frontplatte nah
EL84-Verstärker, Netzanschluss-Buchse


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