UKW-10-Röhren-Super

Dieser UKW-Empfänger ist mir von einem meiner Kunden geschenkt worden, denen ich während meines Studiums Geräte repariert habe. Ich habe die meisten meiner Röhrenradios nach Reparatur mit Gewinn verkauft, aber von diesem offensichtlich mit viel Liebe in den 50ern oder 60ern gebauten UKW-Super für 86...100 MHz mochte ich mich nicht trennen (Dank Dir nochmal herzlichst, falls Du das lesen solltest..). Die vormals grüngraue Hammerschlaglackierung der Frontseite war zwischenzeitlich abgeblättert und ich habe nach dem Abschleifen einfach einen vorhandenen weißen Lack für Flugzeugmodelle ("Airfix") drübergepinselt. Ein Sperrholzgehäuse, klarlackiert, und eine Teleskopantenne sollte das Gerät alltagstauglich machen, was aber - wie später erläutert - damit allein nicht gelang.

kompakter UKW-10-Röhren-Super außen

Jedenfalls scheint dieses Gerät noch eine Zeit zu dokumentieren, in denen es attraktiv war, FM-Empfänger selbst zu bauen. Ich bewundere die handwerkliche und fachliche Kompetenz des Erbauers. Gerade deswegen habe ich lange gezögert, hier auch schaltungstechnisch Hand anzulegen, denn das Teil hatte eine NF-Endstufe mit 2x ECC83 mit Möglichkeit zur Einmischung einer externen NF-Quelle und einer satten 2x EL 84 - Gegentakt-Endstufe mit hervorragendem transparentem Klang und sattem Bass mit guten Lautsprechern. Aufgrund der insgesamt 10 Röhren auf engem Raum wurde das Kupferchassis allerdings nach ca. 30 min knackeheiß (60-70°C), was den Siebelkos anscheinend nicht so gut bekam, so daß die Endstufe nach spätestens ca. 60 min regelmäßig anfing, fürchterlich zu brummen.
Hier mein Versuch, das Schaltbild - zumindest des NF-Teils - aufzunehmen:

UKW-10-Röhren-Super Schaltbild Endstufe alt

Jemandem, der mir Schaltungsvorschläge (Schaltbilder) für UKW-Super mit ECC 85, EF 184 und 3xEF 89 überlassen würde, wäre ich ziemlich dankbar, und zwar "nachhaltig".

Die Summe aller Anodenströme in diesem Gerät (HF- und NF - Teil) lag erheblich über dem Nennstrom des eingebauten Selengleichrichters B300C130, weswegen dieser auch durchschlug (starker Netzbrumm im Lautsprecher), wobei auch die Kathodenwiderstände der Endstufe schon einmal abrauchten.
Der ersetzende Brückengleichrichter mit 1N400x-Dioden überforderte offensichtlich den Netztrafo (1. Bild unten, mitte), der ebenfalls mit einem Sekundärnennstrom von 130 mA (bei 200 V~) spezifiziert ist und auch reichlich warm wurde. Natürlich hatte ich auch mit, ebenfalls Wärme produzierenden, Schutzwiderständen bis 1 KΩ vor dem Ladeelko und einem Lüfter (sic!) experimentiert - erfolglos. Auch die problematischen Koppelkondensatoren im NF-Teil (Teer, WIMA-"Lutschbonbons") wurden selbstverständlich ausgetauscht.

ECC 85, EF184, 3x EF 89, EMM 801, 2x ECC 83, 2x EL84
kompakter UKW-10-Röhren-Super Chassis von oben
div. Eingänge, auch regelbar, Lautsprecher-Ausgang
kompakter UKW-10-Röhren-Super hinten
links ZF-Stufen, rechts NF-Teil
kompakter UKW-10-Röhren-Super unten
EMM 801- Anzeige für HF-Eingangs- und ZF-Pegel
kompakter UKW-10-Röhren-Super in Betrieb

Eigentlich bot das Gerät bereits alles das, was Bastler und HiFi-Freund sich wünschen (Bild unten rechts): Getrennte und wirksame Bass- und Höheneinstellung (2. u.3. Poti), Einblendung einer separaten Tonquelle (4. Poti v. lks.), separate Lautstärke UKW-Radio (1. Poti v. lks.). Mit dem 3-stufigen Drehschalter ganz rechts kann die Heizung der Röhren des HF-Teils, HF- und NF-Teil zusammen oder des NF-Teils separat eingeschaltet werden. Eine stromsparende Lösung für TA-Betrieb oder UKW-Betrieb mit separater Endstufe. Während das rechte Anzeigeband der EMM 801 immer die relative Höhe des ZF-Signals anzeigte konnte mit dem rechten Kippschalter die linke Anzeige der EMM 801 auf HF-Signal und ZF-Signal umgeschaltet werden, zwecks Vergleich von beiden.
Zum Schutz des Bastlers entlädt der Ein/Aus-Schalter (Kippschalter lks., doppelpoliger Umschalter) in "Aus"-Stellung über 24 KΩ den Ladeelko und die Siebelkos.

Um das Gerät thermisch stabil zu bekommen (Konstruktionsfehler sind zu enger Aufbau der Leistungsendstufe und hochwärmeleitfähiges Kupferchassis als Wärme-Senke!) und die Gebrauchstauglichkeit insgesamt zu verbessern, aber auch den Charakter des Gerätes als hochwertiger Kompaktsuper mit allen beschriebenen Funktionen zu erhalten, führte ich folgende Maßnahmen durch:
Mit der abgespeckten Endstufe sollte die elektrische Leistungsaufnahme abgesenkt werden, was mit Hilfe folgender Endstufe nach Ratio-Detektor bzw. Demodulator erreicht wurde:

PCL86-Endstufe mit Klangregelung
 
Der Anodenstrom aller Röhren des Gerätes konnte so von >130 mA auf 55 mA gesenkt werden. Der Heizstrom von drei Röhren wurde eingespart.
Der Netztrafo verfügt über zwei 6,3 V - Wicklungen, die in Reihe geschaltet die Fernseher-Standardröhre PCL 86 mit 12,6 V Heizspannung (statt der äquivalenten ECL 86) verwenden lässt. Die Schaltung ist in etwa die aus dem TFK-Werkstattbuch. Ich hatte den Kuhschwanz-Klangregler zwischen Vor- und Endstufe geschaltet, da die Schwingneigung dieser Röhre nicht allzuviel freiverdrahtete Bauteile vor dem Triodengitter - zumindest in diesem Gerät - zuließ (aber siehe auch hier). Der 100 pF - Kondensator zur Dämpfung hinter dem Abgriff des Lautstärke-Potis ist dennoch erforderlich, um Anschwingen beim "Aufreißen" des Lautstärke-Potis zu vermeiden. Der NF-Verstärker ist recht stramm gegengekoppelt - über alles über ein R-R/C-Glied und von der Anode der Pentode an die Kathode der Triode über ein R-C-Glied.
Die EMM 801 ließ sich vergleichsweise problemlos austauschen: Meine Planungen und Berechnungen zu den Röhren habe ich hier eingestellt.

EMM 801 -> EM 84, Anoden- und Heizströme Röhren

Ich hatte zunächt die El 95 Endstufe mit einer ECC 83 aus einem Tonbandgeräte-Wrack vom Sperrmüll verwenden wollen. Lautsprecher und Ausgangstrafo davon habe ich hier verwendet. Den Gehäuse-Dipol, auch als Möbelantenne bezeichnet, habe ich mit Haushalts-Alufolie, die ich mit Pritt-Klebestifft in das Gehäuse "tapeziert" habe, erstellt. Es handelt sich eigentlich nicht um einen Dipol, sondern um einen halboffenen Schwingkreis, weswegen die "Kondensatorplatten " (die  Folie) mit einer Spule verbunden sind.
Berechnungen, denen ich die Maße einer solchen Antenne in einem Nordmende Fidelio 55 zugrunde legte, hier:

Möbelantenne UKW-Super, Berechnung

Und hier Fotos vom Umbau..

ausgebaute NF-Stufe, Netztrafo, Gleichrichter und Anzeigeröhre
UKW-Super Reinigung Chassis
hier ist bereits die neue NF-Stufe "light" bereits verdrahtet (rechte Seite)
UKW-Super, neue Endstufe bereits verdrahtet
und hier der Dipol "eintapeziert"
UKW-Super nach Umbau hinten offen
und Klappen drauf (schade eigentlich).
UKW-Super hinten geschlossen

Das Gerät hat die gleichen Funktionen, wie vorher (separater Betrieb HF- und NF-Teil, Umschaltung der Anzeige zwischen HF- und NF-Signal, Einmischung externer NF-Quellen, Anschlussmöglichkeit externer Lautsprecher). Nur alles viel einfacher und im wahrsten Sinne des Wortes cooler. So sieht's aus - mit dem Gehäuse aus Sperrholzresten.

UKW-Super nach Umbau

Zugegeben, das Bassvolumen über HiFi-Lautsprecher lässt zu Wünschen übrig, aber die Wiedergabe ist sehr klar, transparent, unverzerrt und brummarm - auch bei voll aufgedrehter Lautstärke. Ich nehme die Höhen auf 1/4 - Stellung zurück, da sie mir zu dominant sind, trotz zweifacher Gegenkopplung.
Das Video zeigt Lautstärke, Bass- und Höheneinstellung, Umschaltung von HF- auf ZF-Anzeige, sowie nur-HF- und nur-NF-Betrieb (mit dem beschränkten Frequenzgang des Kamera-Mikros).

Ergänzungen (10/2014):
Ich habe den Kuhschwanz-Klangregler letztlich dennoch vor die Triodenvorstufe gesetzt:
Schaltplan Klangregelung vor Triodenvorstufe
Der Klangregler scheint mir an dieser Stelle erheblich wirksamer zu sein und ich brauche ihn auch, da der Lautsprecher aus dem Tonbandgerät (Telefunken) ziemlich mitten- und höhenlastig ist. Ich vermute, das liegt daran, daß die Spannungen am Triodenausgang bereits so hoch sind, daß die RC-Glieder des Kuhschwanz-Reglers und die Potis anders bemessen sein müssten. Möglicherweise ist es auch kontraproduktiv, die Gegenkopplung, die von der Sekundärseite des Ausgangstrafos über das RC-Glied an das 'kalte' Ende des Lautstärke-Potis geleitet wird, vor der Klangregelung einzukoppeln. Die Wirkung der Klangregelstufe wird vielleicht abgeschwächt - leider kann ich so etwas nicht messen. Die Neigung der ECL86-Endstufe zum Schwingen und Pfeifen, insbesondere infolge der freien Verdrahtung in diesem Gerät, ist nun leider höher.

freie Verdrahtung

Abhilfe konnte durch die Überbrückung des 100pF-Kondensators am Schleifer des Lautstärke-Potis durch einen zweiten (270pF) geschaffen werden (Summe 370pF). Dennoch hat die Endstufe noch hinreichend Höhen. Eine Möglichkeit zur Entkopplung kann es auch sein, die Koppelkondensatoren abzuschirmen, hier: mit Zinkblech einzupacken:, wobei hier gleichzeitig Kapazitäten gegen Masse erzeugt werden, die die Schwingneigung auch erhöhen können (Schwingkeise!), hier gilt es, zu experimentieren:

abgeschirmter Koppelkondensator
 
Weiterhin habe ich den Netztrafo gegen einen schwächeren (aus einem 'Grundig Musikgerät 2098') ausgetauscht, denn ich brauchte den bisher hier verbauten recht leistungsfähigen Trafo (sekundärseitig 200V~, 130 mA) für das nächste Projekt (2x EL84-Endstufe mit Mikrofon-Vorverstärker). Die PCL 86 musste daher einer ECL86 weichen, weil 12,6 V Heizspannung nicht mehr verfügbar war, sondern nur noch 6,3 V.
Trafo Grundig 'Musikgerät 2098'
Netztrafo aus dem 'Grundig Musikgerät 2098', rechts: Sekundärwicklungen
UKW-Superhet mit neuem Netztrafo, rückwärtige Ansicht
Rückwärtige Ansicht des UKW-Supers. Abgeschirmte Röhren der Oszillator- und ZF-Stufen,
dahinter der Netztrafo.


Ich habe übrigens mal die Leistungsaufnahme gemessen: Kein Unterschied zu vorher, wohlgemerkt aber bereits nach der 'Abrüstung' der Entstufe (ca. 43 W bei 230 V).
Hier noch die Messung der Anodenspannung am Elko vor dem obligatorischen Siebwiderstand (hier 270 Ω):

Messung der Anodenspannung vor dem 270 Ω -Siebwiderstand


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